Vorhin sah ich einen Beitrag im Fernsehen, zu dem ich mir zwar schon eine Meinung gebildet habe, dieses aber mit euch abgleichen will. Kann ja nie schaden. Den Inhalt des Beitrags findet man hier . Ist nicht sehr lang. Die Leute regen sich auf, dass Lufthansa Therapiekosten nur übernimmt, wenn im Gegenzug auf Klagen verzichtet wird. Ich halte das für gerechtfertigt und würde es, wäre ich Lufthansa-Chef, genauso machen. Eins geht doch nur: Entweder einigt man sich außergerichtlich oder man lässt das Gericht entscheiden. Dabei mache ich keinen Unterschied ob das Unternehmen schuldhaft gehandelt hat oder nicht. Wie denkt ihr darüber?

Die Argumentation der Lufthansa (aus dem oben verlinkten Beitrag des WDR): Diese freiwilligen Leistungen seien von einigen Anwälten genutzt worden, um juristisch gegen Unternehmen der Lufthansa-Gruppe vorzugehen. Aus diesem Grund könne die Lufthansa-Gruppe dieses freiwillige Angebot nur dann aufrechterhalten, wenn ausgeschlossen sei, dass diese Leistungen gegen die Lufthansa-Gruppe verwendet würden. ... kann ich schon nachvollziehen, Stichwort "implizite Schuldanerkennung". Wenn Anwälte so argumentieren, sollten diese und damit auch die klagenden Angehörigen schon damit rechnen, dass die Lufthansa dem einen Riegel vorschieben möchte. In dem Licht fragt man sich auch, was hinter dem hier steckt: Doch zweieinhalb Jahre nach dem Verlust seines Sohnes merkte auch er, dass er ohne Therapie nicht klar kommt und hat bei der Lufthansa einen Antrag für die Kostenübernahme gestellt. Hat da ein Anwalt erkannt, dass eine Kostenübernahme durch die Lufthansa auch die Chancen auf Erfolg seiner Klage erhöhen würde? Für mich als Nichtpsychologen erscheint es zumindest eher ungewöhnlich, dass man in der Akutphase keine Betreuung benötigt, zweieinhalb Jahre später dann aber doch. Letztlich aber kennen wir die Einzelfälle nicht, so dass ich mich hier nur mit gehörigem Vorbehalt dazu äußere. Leider heißt diese Wendung in Bezug auf die Übernahme von Kosten, dass auch Betroffene, deren Anwälte auf die genannten Winkelzüge verzichtet haben, von den Auswirkungen betroffen sind.

Doc_Schüller Leider heißt diese Wendung in Bezug auf die Übernahme von Kosten, dass auch Betroffene, deren Anwälte auf die genannten Winkelzüge verzichtet haben, von den Auswirkungen betroffen sind. Nein. Wieso denn? Wenn Betroffene rechtsgültig erklären, auf gerichtliche Schritte zu verzichten, dann übernimmt Lufthansa weiterhin deren Behandlung. Nebenbei: Wieso wird die Therapie nicht von den Kassen übernommen? Das ist doch eigentlich der übliche Weg, wenn jemand behandlungsbedürftig ist. Wenn es dann einen Verursacher für die Erkrankung gibt, z.B. bei Unfällen usw., dann holt sich die Kasse das Geld dort ggf. zurück.

Timbatuku Nein. Wieso denn? Wenn Betroffene rechtsgültig erklären, auf gerichtliche Schritte zu verzichten, dann übernimmt Lufthansa weiterhin deren Behandlung. Der Artikel lässt leider offen, welche rechtlich verbindlichen Zusagen Lufthansa den betroffenen Opfern (Angehörigen) im Fall eines Klageverzichts angeboten hat. Klageverzicht im Tausch gegen weiterhin als freiwillig eingestufte Leistungen ist auch kein attraktiver Deal. Timbatuku Eins geht doch nur: Entweder einigt man sich außergerichtlich oder man lässt das Gericht entscheiden. Eine freiwillige Gewährung von Leistungen ist aber noch keine außergerichtliche Einigung. Timbatuku Wieso wird die Therapie nicht von den Kassen übernommen? Das ist doch eigentlich der übliche Weg, wenn jemand behandlungsbedürftig ist. Wenn es dann einen Verursacher für die Erkrankung gibt, z.B. bei Unfällen usw., dann holt sich die Kasse das Geld dort ggf. zurück. Das wäre sicherlich die sauberste Lösung, und ich verstehe auch nicht, wieso das nicht so gehandhabt wird. Die Klagemöglichkeit für weitergehende Ansprüche wie z.B. Schmerzensgeld oder Witwen- / Weisenrenten stünde dann ja immer noch offen, aber die gesundheitliche Versorgung wäre erst einmal gesichert.

Timbatuku Nebenbei: Wieso wird die Therapie nicht von den Kassen übernommen? Das ist doch eigentlich der übliche Weg, wenn jemand behandlungsbedürftig ist. Genau diese Frage schoss mir als Erstes durch den Kopf. Soweit ich weiß, muß der Therapeut der KK lediglich -zumindest vorerst- eine grobe Diagnose mitteilen, z.B. Posttraumatische Belastungsstörung. Gut, in so einem Fall kann (und wird?) natürlich die KK nachforschen ob hier ein Fremdverschulden vorliegt und da ansetzen - aber der Schuldige ist dann von Fall zu Fall sowieso verpflichtet zu zahlen. 🤔 Und wenn dem so ist, dann wundert es mich wiederum, dass genau dies noch keiner der Anwälte angebracht hat? 🤔

Doc_Schüller Klageverzicht im Tausch gegen weiterhin als freiwillig eingestufte Leistungen ist auch kein attraktiver Deal. Für wen? 😁 Doc_Schüller Eine freiwillige Gewährung von Leistungen ist aber noch keine außergerichtliche Einigung. Eine Verzichtserklärung auf Klagen im Gegenzug für die Gewährung von Leistungen ist eine Einigung. Da sie nicht vor Gericht erwirkt wurde ist es eine außergerichtliche.

Isabell Gut, in so einem Fall kann (und wird?) natürlich die KK nachforschen ob hier ein Fremdverschulden vorliegt und da ansetzen Dazu ist die KK meines Wissens sogar gesetzlich verpflichtet. Isabell aber der Schuldige ist dann von Fall zu Fall sowieso verpflichtet zu zahlen. 🤔 Sofern der Schuldige ermittelt werden kann und bei ihm was zu holen ist. In diesem Fall ist der Schuldige zunächst der Pilot. Der wiederum ist tot und kann nicht mehr belangt werden. Zu klären bleibt die Frage, inwieweit Lufthansa resp. Germanwings als Arbeitgeber mitschuldig geworden ist. Das wird ein langwieriger Prozess und das Prozessrisiko läge dann bei der KK. Da werden die keinen Bock drauf haben. Dennoch, ich meine, die KK ist für jeden Versicherten erstmal zuständig, wenn es darum geht, gesundheitliche Probleme abzustellen, unabhängig von der Frage, wer diese verursacht hat.

Timbatuku Eine Verzichtserklärung auf Klagen im Gegenzug für die Gewährung von Leistungen ist eine Einigung. Mir bleibt beim Lesen des Artikels unklar, ob die Lufthansa im Gegenzug für Verzichtserklärungen verbindliche Zusagen angeboten hat oder lediglich eine unverbindliche Fortsetzung von freiwillen Übernahmen von Therapiekosten. Letztere könnten auch nach einem erklärten Verzicht auf Klagen plötzlich eingestellt werden. Außerdem wäre interessant zu wissen, ob sich die Verzichtserklärungen nur auf Therapiekosten oder auch auf weitergehende Ansprüche beziehen sollten. Timbatuku Dennoch, ich meine, die KK ist für jeden Versicherten erstmal zuständig, wenn es darum geht, gesundheitliche Probleme abzustellen, unabhängig von der Frage, wer diese verursacht hat. Die gesetzlichen Kassen zahlen aber nicht alles, möglicherweise hat es hier Begrenzungen oder Zahlunsverweigerungen gegeben.

Timbatuku Dennoch, ich meine, die KK ist für jeden Versicherten erstmal zuständig, wenn es darum geht, gesundheitliche Probleme abzustellen, unabhängig von der Frage, wer diese verursacht hat. Genau das. In unserem System kann die KK keine therapeutische Behandlung ablehnen weil der Schuldige nicht greifbar ist. "Spinn" das mal weiter: Jemand mit z.B. einer Angststörung wird also behandelt, weil es keinen direkten Schuldigen gibt - aber Jemand, der unter einer PtBs leidet wird nicht behandelt da es ja (meistens) einen direkten Schuldigen gibt? Und solange dieser Dritte nicht übernimmt wird nicht therapiert? Die Konsequenz sähe so aus wie es -soweit ich weiß- in den USA ist: Therapien müssen grundsätzlich selbst bezahlt werden solange man keinen Dritten zur Zahlung heranziehen kann (oder diverse Hilfsorganisationen zahlen oder man eine horrend teure KV hat). Wie gesagt, passt nicht in unser System. Entweder - oder. Der Patient wird auf jeden Fall behandelt werden müssen , ob und wie sich die KK die Kosten wiederholt/wiederholen kann ist nicht das Problem des Patienten. Deswegen frage ich mich weiterhin: Warum haben die Anwälte das nicht angebracht?

Doc_Schüller Die gesetzlichen Kassen zahlen aber nicht alles, möglicherweise hat es hier Begrenzungen oder Zahlunsverweigerungen gegeben. Sie müssen eine Therapie zahlen wenn auch nur ansatzweise nachgewiesen werden kann, dass der Patient psychische Probleme hat. Begrenzungen werden gegeben, nämlich zeitlich, dann wird nochmal 'geprüft' - also unendliche Therapiedauer ist nicht gegeben. Aber vorerst? Selbst der im Artikel genannte Fall, dass der Vater eines der Opfer erst nach 1,5 Jahren merkte, dass er Hilfe brauchte - hier hat Jeder in unserem Lande das Recht sich (therapeutische) Hilfe zu suchen. Das KKs nicht Alles bezahlen müssen steht auf einem anderen Blatt und geht um andere Krankheiten.

Isabell Deswegen frage ich mich weiterhin: Warum haben die Anwälte das nicht angebracht? Wahrscheinlich unter anderem deswegen, weil es denen nicht um das (gesundheitliche) Wohl ihrer Klienten geht, sondern darum, möglichst viel bares Geld herauszuschlagen, weil sie daran mitverdienen. Deswegen klagen sie ja auch in den USA, weil vor deren Gerichten mehr herauszuholen ist. In meinen Augen auch ein Unding. Wie kann ein US-Gericht zuständig sein, wenn einem deutschen Bürger von einer deutschen Firma auf französischem Boden etwas angetan wird?

Germanwings-Absturz: Seite 2

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