Claudsia Selbstmord hat sehr sehr viel mit Egoismus zu tun.
Was hat nicht mit Egoismus zu tun, was Menschen tun? Die Sichtweise, dass ein Selbstmörder nicht an andere denkt, ist doch genauso aus der egoistischen Sicht der Betroffenen. Geht es um den Selbstmörder oder jemanden, der sich mit Selbstmordgedanken beschäftigt, dann geht es um seine Sicht. Entsprechend unterschiedlich werden die Ansichten sein.
Polarfuchs Diesen Podcast fand ich recht interessant und erfreulich nüchtern:
Ja, das ist der professionelleg Umgang mit Menschen, in diesem Fall mit Menschen, die die Absicht haben sich umzubringen.
Wolfgang Ob ich gegenüber suizidalen Menschen "Respekt" haben soll, scheint mir fraglich. Natürlich habe ich Respekt vor jedem Menschen. (Für mich ist schon der Begriff "Respekt" negativ besetzt, denn ich verbinde ihn meist mit fragwürdigen Attitüden aus der Rockerszene oder aus maskulin dominierten Ausländersozietäten.) Aber dennoch: Ich habe Achtung vor jedem Menschen. Ich muss aber nicht grundsätzlich Achtung vor vollendeten Suiziden haben.
Respekt verstehe ich in dem Zusammenhang als Achtung. Ich finde es einfach nicht zutreffend. Wenn jemand Selbstmord begangen hat, dann gibt es einfach keinen "jemand" mehr, vor dem ich Respekt oder nicht haben kann. Damit spielt es auch nicht die geringste Rolle mehr, ob ich Respekt vor seiner Handlung hätte oder nicht. Ansonsten gibt es für mich keinen Grund einen Menschen (und das ist für mich lebendig) nicht zu respektieren. Ich muss die Ansichten andere nicht teilen, ich kann sie auch für mich ablehnen, aber am Respekt, also dass alle Menschen gleichwertig sind, wird das für mich nichts ändern.
Polarfuchs Natürlich nicht. Mein Respekt gilt auch weniger dem Ergebnis, sondern mehr der Fähigkeit desjenigen, die Angst vor dem Sterben sowie den Selbsterhaltungstrieb zu überwinden.
Ich denke nicht, dass die Angst vor dem Sterben bei jedem Selbstmörder "überwunden" ist. Ihr Wille zu Sterben ist nur einfach größer und aus meiner Sicht auch zu respektieren.
Polarfuchs In gewisser Weise ist so jemand freier, als andere. Weil er etwas tun kann, was die meisten anderen nicht tun können, und dadurch zusätzliche Handlungsoptionen hat, die anderen versperrt sind.
Jeder kann es tun und ich denke, dass sehr viele zumindest mal in ihrem Leben daran denken. Ich selbst finde es einfach nur sinnlos. Es ist nicht, wie das kann ich tun und wenn das nicht klappt, dann kann ich noch das probieren. Es ist einfach das Ende und das kommt von selbst. Da brauche ich nicht nachzuhelfen.
Polarfuchs Derjenige, der dazu fähig und bereit ist, wird Zeit seines Lebens eine Art Notausgang haben, den er nutzen kann, sollte es unerträglich schlimm werden. Persönlich fände ich das beruhigend.
Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass ich diese Option nicht habe.
Polarfuchs Hm, es ist Konsens, dass so zu sehen, aber wer weiß, ob es demjenigen tot nicht wirklich besser geht, aus seinem Erleben?
Dem geht es tot nicht besser, natürlich sofern er nicht an ein Weiterleben nach dem Tod glaubt bzw. Du daran glaubst. Ich glaube nicht, dass es etwas nach dem Tod gibt, somit gibt es diesen Menschen nicht mehr und er fühlt auch nichts mehr. Da gibt es auch keinen "Zustand" mehr, denn entweder ist der Körper verwest oder Asche.
Polarfuchs Ich denke zwar meistens auch so und habe das auch verinnerlicht, dass man jemanden zum Weiterleben bestärken sollte, es meistens schade ist, wenn sich jemand suizidiert etc., aber möglicherweise hat derjenige für sich selbst eine gute Wahl getroffen mit seinem Suizid?
Sehe ich auch so. Niemand kann für einen anderen bewerten, was für ojm besser ist oder war, außer er selbst.
Polarfuchs Egal, ob psychisch oder physisch krank. Es gibt Menschen, die haben so viel Mist erlebt, dass sie psychisch nie wieder auf die Beine kommen. Wer will es ihnen verdenken, wenn sie irgendwann keinen Bock mehr haben?
Ich finde, dass diese Argumentationskette nicht greift, nie greift, weil es einfach genauso viele Menschen gibt, die viel Mist erlebt haben, vielleicht noch mehr Mist und die keinen Selbstmord begehen. Menschen sind aber einfach nicht gleich.
Polarfuchs Dieses Empfinden mag teilweise nachvollziehbar sein, allerdings ist es schon sehr egoistisch von den Angehörigen, wenn sie erwarten, dass jemand für sie weiterlebt, nicht für sich selbst. Es gibt keine Pflicht zum Leben.
Ich kann damit überhaupt nichts anfangen, was das bedeuten soll - Pflicht zu Leben, genausowenig aber auch mit dem, ich will nicht Leben. Es ist nie der eigene Wille gewesen, der einen ins Leben rief. Leben ist für mich einfach keine Sache von Willen oder nicht-Willen.
Polarfuchs Ich habe auch davon gelesen, dass es durchaus solche Motive für Suizid gibt. Eben, dass man es anderen heimzahlen möchte. => Der Ehemann, der seiner Ehefrau vom Hochhaus vor die Füße springt, um sie abzustrafen (sie soll das sehen).
Am schwarzen Freitag gab es ettliche Selbstmorde - wegen Geld oder eher, Verlust von Geld. Jeder hat andere Werte.
Xysticus_cristatus Richtig. Ich sehe Suizid/kein Suizid als eine Frage der Selbstverantwortung.
Wenn man die Möglichkeit hat, rein technisch gesehen, sich zu töten, kann man sich entscheiden. Wenn man die Möglichkeit nicht hat, hat man die Entscheidungsfreiheit nicht.
Es gibt einen wunderschönen Film "A Single Man", da macht er sich auch große Gedanken, damit er keine zu große Sauerei hinterlässt. Ein sehr schöner Film und völlig nachvollziehbar, warum er sich umbringen will.
Wolfgang Es gibt so viele Gründe für Selbstmord wie es Selbstmorde gibt. Das erwähnte "Schlussmachen" bei absehbar unheilbaren, sehr schmerzvollen Krankheiten gehört ebenso dazu wie eine Selbsttötung während einer Depression. Eine Depression ist aber eine psychische Erkrankung. Der / die Erkrankte braucht Achtung, aber auch besonders Hilfe.
Ja, das sind die gesellschaftlichen Vorgaben. Leben ist das höchste Gut und damit ist es mehr oder minder immer schützenswert, es sei denn, man hat sich auf Ausnahmen geeinigt, sonst gilt, Leben ist das höchste Gut. Ergo muss jemand, der das nicht so sieht einfach "krank" sein und das finde ich schon wieder arrogant und überheblich, als dürfte und könnte es nur eine einzige Denkweise geben. Gar keine Frage, dass Hilfe und Unterstützung angeboten wird. Wenn sie jemand aber nicht will oder nach der Hilfestellung immer noch seine Meinung nicht geändert hat, dann gibt es eben nicht nur ein Ergebnis, dass diese Person eine psychische Störung haben muss, sondern dass das vielleicht einfach ihr Wille ist. Es geht eben um die Person selbst und nicht um ihre Umgebung, nicht um ihre Lieben, sondern um sie selbst. Ich bin da auch sehr froh, dass es mittlerweile z. B. bei Krankheiten durchaus "erlaubt" ist, sich selbst zu töten oder auch töten zu lassen. Es wurde also eine willkürliche Meinung, gegen eine andere ausgetauscht. Welche nun für wen die richtige ist, sollte jeder für sich entscheiden können, was jetzt nicht der Fall ist. Dadurch muss man sich tatsächlich oft irgendwohin "stehlen", damit man sich umbringt. Wäre der Umgang oder Akzeptanz mit Selbstmord ein anderer, würde es ja auch ganz anders ablaufen können, die Leute würden es vielleicht auch offen ansprechen, wenn sie nicht fürchten müssten, sofort mal eingewiesen zu werden. Welcher Grund für wen ausschlaggebend ist, das können andere doch nicht entscheiden. Es ist aber so. Selbstmörder, die Menschen um sich haben, die sie nicht sofort als Verrückt abstempeln, die ziehen ja auch oft andere ins Vertrauen und können sich dann auch von diesen Menschen verabschieden.
Wolfgang Genauso gibt es aber auch lebensgefährliche psychische Erkrankungen, wozu ich auch die Depression zähle. Der Arzt und Psychiater kann versuchen zu helfen, aber manchmal scheitert er auch und der Patient stirbt (durch Suizid). Der depressive Mensch ist in diesem Sinne nicht mehr steuerungsfähig. Das ist unbestritten tragisch und zutiefst traurig, aber ich würde hier nicht den Begriff "Respekt" anwenden, denn vor eine Krankheitsfolge habe ich keinen Respekt.
Ja, oft scheitert der Arzt einfach darin, dem Betreffenden bestimmte Werte aufzudrängen. Natürlich kann man das und das wird auch getan, so sehen, dass der Betreffende sich nicht so steuern lässt, wie man sich das nach allgemeinem gesellschaftlichen Werteverständnis vorstellt. Letztlich ist das einfach nur Respektlosigkeit, ganz egal, ob jemand nun eine psychische Störung hat oder nicht.
Wolfgang Und glaube mir, ich WEIß, dass man in dem Moment sehr oft die Hand sucht.
Da gelingt der Selbstmord ja auch oft nicht, weil die Betreffenden ja gar nicht sterben wollen, sondern sich nicht zu helfen wissen. Die nehmen dann ja auch Hilfe an.
esta1 Bei Krankheiten wie Schizophrenie stelle ich es mir aber schwierig vor nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Aber jeder der mal eine Depression überstanden hat und Depression ist heilbar, wird froh sein weiter gemacht zu haben.
Auch so eine absolute Aussage, als jeder Mensch gleich wäre. Bei manche ist Depression einfach nicht heilbar und manche wollen irgenwann nicht. Ich verstehe nur nicht, warum man als Gesellschaft so ein Problem hat zu akzeptieren, dass es Menschen gibt, die dann sagen, Scheiß aufs Leben, ich mache Schluss.