Timbatuku Ist der wütende Protest der Ärztelobby berechtigt oder nicht?
Wie so oft liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen bzw. lautet "ja und nein".
Einerseits spricht nichts gegen (und manches für) das Prinzip einer eingleisigen Krankenversicherung ähnlich der derzeitigen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit der Möglichkeit, privat zusätzliche Leistungen zu versichern (oder aus eigener Tasche zu bezahlen). Andererseits ist bei diesem Planspiel keineswegs klar, zu welchen Konditionen es umgesetzt würde.
Derzeit subventionieren die privat Versicherten die Behandlung der gesetzlich Versicherten quer. Würde die Bürgerversicherung ärztliche Leistungen auf dem Niveau der derzeitigen GKV vergelten, ohne dass die Mehrleistungen der privaten Krankenversicherungen (PKV) vollständig durch Zusatzversicherungen ersetzt würden, ergäbe sich für die Ärzte ein womöglich empfindlicher Einnahmeverlust.
Da die PKV oftmals nicht wesentlich teurer ist als der Höchstsatz für gesetzlich Versicherte (oftmals sogar günstiger), stellt sich die Frage, woher das Geld für solche Zusatzversicherungen kommen sollte. Man könnte in dem Fall z.B. die Beitragsobergrenze absenken, was mir aber politisch kaum durchsetzbar erschiene, da es von vielen als Geschenk an die Besserverdienenden gewertet würde.
Grundsätzlich könnten stattdessen die Leistungen der Bürgerversicherung auch besser vergütet werden als derzeit die der GKV, da mit den gutverdienenden Beitragszahlern aus den PKV ja auch eine deutliche Einnahmesteigerung für die Bürgerversicherung resultierte. Dann hätten die derzeit privat Versicherten zwar bei gleichen Kosten weniger Leistung (wenngleich man über den Mehrwert der PKV durchaus diskutieren kann), aber für die Ärzte wäre das Ergebnis wenigstens einkommensneutral.
Es dürfte der Ärzteschaft aber schwer fallen, diese Mehreinnahmen vollständig in ihre eigenen Taschen zu dirigieren. Wahrscheinlicher wäre es, dass im gleichen Zuge z.B. Beitragssenkungen diskutiert würden, welche sich der Wählerschaft besser verkaufen ließen als eine gefühlte Steigerung der Ärztevergütung. Dass solche Beitragssenkungen dann vollständig in Zusatzversicherungen flössen, erscheint doch sehr unrealistisch.
Zusammengefasst: Eine Bürgerversicherung wäre an sich sinnvoll (weniger Bürokratie, weniger fehlgeleitete Mittel), bedeutete aber aus Sicht der Ärzteschaft ein gehöriges Risiko, am Ende mit deutlich weniger Einnahmen dazustehen.