Ehrenamtliche Mitarbeit in der Telefonseelsorge

Wolfgang

Angeregt durch einen gerade aktuellen Faden möchte ich hier "Werbung" machen zur ehrenamtlichen Mitarbeit als Telefonseelsorger / Seelsorgerin:

In Deutschland gibt es etwa 105 Stellen der Telefonseelsorge, also etwa in jeder grossen und mittelgrossen Stadt. Im vergangenen Jahr 2018 wurden nur in Berlin-Brandenburg über 56 000 Anrufe entgegen genommen.
Hierfür werden deutschlandweit immer wieder Mitarbeiter gesucht. Nach einer einjährigen Ausbildung kann man dann selbstständig am Telefon arbeiten. Die Ausbildung ist nicht Vollzeit, aber sie umfasst 7 ganze Wochenenden und einige Abende zur breiten Palette der Probleme. Sie legt auch einen Schwerpunkt auf Selbsterfahrung, denn ehe man über die Probleme anderer spricht, sollte man erst mal über seine eigenen Schwächen und Stärken Bescheid wissen. Die Ausbildung ist kostenlos, aber die Arbeit danach auch...
Das sind sehr intensive Zeiten und bisher hat noch jeder, den ich danach gesprochen habe gesagt: "Das war eine der besten Erfahrungen, die ich machen konnte!" Während des Ausbildungsjahres telefoniert man auch schon unter "Aufsicht" eines erfahrenen Kollegen.

Ich kann nun nur über Berlin-Brandenburg schreiben, aber an anderen Stellen wird es sehr ähnlich gehandhabt.
Im November finden wieder Auswahltage statt. Wer sich vorher beworben hat, wird zu einem 2-tägigen Auswahlverfahren eingeladen, wo man prüfen kann, ob die Sache passt - jedenfalls, soweit man das vorher absehen kann. Dann wird Ende Februar die Ausbildung mit einem ersten Wochenende beginnen.

Hier

https://ktsbb.de/mitmachen/

könnt ihr noch mehr lesen, aber auch ich stehe gerne für weitere Fragen hier im Forum zur Verfügung.

Zimt

Schöne Sache.
Kann mir sowas für @Isabell vorstellen 😄 (ernsthaft)

Isabell

Zimt Kann mir sowas für @Isabell vorstellen 😄 (ernsthaft)

Danke für das Zutrauen 🌹 - Stand schon öfter mal im Raum, wurde mir schon angetragen. Aber ich habe so einige Gründe warum ich das nicht machen will und werde.
Seht Euch mal die Sponsoren/Träger an, ebenfalls den Ausbildungsplan.

Zimt

Isabell Seht Euch mal die Sponsoren/Träger an, ebenfalls den Ausbildungsplan.

Ich hab mir das noch gar nicht angesehen... Es war nur ein sehr spontaner Gedanke, da ich Dich mir dort irgendwie sehr gut vorstellen kann.

Wolfgang

Isabell Seht Euch mal die Sponsoren/Träger an, ebenfalls den Ausbildungsplan.

Das würde ich nun gerne genauer wissen?

Isabell

Wolfgang Das würde ich nun gerne genauer wissen?

Du hast doch die Seite verlinkt? 😉
Stichwort: Kirche.

Ausschnitt aus dem Ausbildungsplan:
Nach der einjährigen Ausbildung arbeiten Sie in den darauffolgenden 3 Jahren bei der Kirchlichen TelefonSeelsorge mit. Die mindestens 3-jährige Mitarbeit ist eine Vertiefung und Festigung der im Ausbildungsjahr gesammelten Erfahrungen und ist daher ein verpflichtender Bestandteil der Ausbildung.

bion

Isabell Ich glaube, Isabell, das Thema Kirche ist hier wirklich vernachlässigbar. Hier mal ein anderer Ausschnitt aus dem Ausbildungsplan, der insoweit, deine von mir vermuteten Bedenken thematisiert:

Offen sein gegenüber religiösen Fragen
Manche Menschen rufen an und wollen über Glaubensfragen sprechen. Als kirchliche TelefonSeelsorgerin oder TelefonSeelsorger brauchen Sie keiner Religion anzugehören. Sie sollten allerdings bereit sein, für sich selbst über diese Fragen nachzudenken und religiöse Vorstellungen, die von den Ihren abweichen, anzunehmen. Geistliche und spirituelle Elemente sind Teil der Ausbildung.

Es kommt natürlich immer darauf an, wie dies gelebt wird. Dazu hat Wolfgang schon etwas gesagt.

Wolfgang

Ja, das wird schon von den Kirchen ökumenisch getragen und finanziert. Eine gewisse Toleranz zum christlichen Glauben sollte schon vorhanden sein. Wer Schnappatmung bekommt, wenn er das Wort "Kirche", "Pfarrer" oder "Gebet" hört, ist ungeeignet.
Man sollte schon auch bereit sein, während der Ausbildung an einem Gottesdienst oder einer Andacht teilzunehmen, auch wenn man Zweifel an der Existenz Gottes hat. Aber darüber hinaus: Ich habe selten soo tolerante Menschen getroffen, wie in diesem Kreis.

Wie ich sind auch noch einige andere NICHT Mitglied einer Kirche. Auch solche Leute sind in der Mitarbeit herzlich willkommen! Darüber bin ich auch ganz offen. Wer es wissen will, dem sage ich es, aber es interessiert niemanden wirklich!
Wenn aber ein Anrufer ein "Vater unser" mit mir beten will, dann mache ich es... Wenn es ihm hilft, ist es für mich OK.
Die Themen der Anrufer gehen wirklich quer durchs Leben. Und wenn z.B. jemand über Fremdgehprobleme in der Ehe telefonieren möchte, dann, glaube mir, ich werde nicht die Position der kath. Kirche vertreten.

Isabell

Wolfgang Wer Schnappatmung bekommt, wenn er das Wort "Kirche", "Pfarrer" oder "Gebet" hört, ist ungeeignet.

Ich habe nichts gegen Menschen die an Gott (und/oder die Kirche) glauben. Absolut nicht.

Wolfgang Und wenn z.B. jemand über Fremdgehprobleme in der Ehe telefonieren möchte, dann, glaube mir, ich werde nicht die Position der kath. Kirche vertreten.

Auch das ist nicht meine Befürchtung.

Aber "die Kirche" im allgemeinen (bzw. bestimmte Gruppierungen/Glaubensrichtungen, Haltungen, Wertvorstellungen derer) gehen mir so gegen den Strich, dass ich nicht für sie arbeiten will.

Auch wenn ich die Einrichtung der Telefonseelsorge als Solches sehr gut finde. Hat damit nichts zu tun.

Isabell

Wolfgang Man sollte schon auch bereit sein, während der Ausbildung an einem Gottesdienst oder einer Andacht teilzunehmen, auch wenn man Zweifel an der Existenz Gottes hat.

Huch, habe ich jetzt erst gesehen.

Es geht mir dabei gar nicht um die Existenz Gottes, ich bin Agnostiker.
Es geht mir wie oben gesagt um die Haltung etc. der Kirche (vor allem der katholischen) im allgemeinen.

Wolfgang

Wolfgang Und wenn z.B. jemand über Fremdgehprobleme in der Ehe telefonieren möchte, dann, glaube mir, ich werde nicht die Position der kath. Kirche vertreten.

... oder schwule oder trans-Probleme ...

Wolfgang

Ja, dann ist das so.
Man sollte schon eine Entscheidung für diese Arbeit haben, sonst wird das nix. Und wenn es nicht passt, dann passt es nicht. Auch OK.

Isabell

Wolfgang Man sollte schon eine Entscheidung für diese Arbeit haben, sonst wird das nix.

Für die Arbeit als Solches wäre meine Entscheidung klar.
Aber nicht mit diesem Träger.

Wolfgang

Isabell ich bin Agnostiker.

Danke - geht mir genauso!

Isabell

bion Sie sollten allerdings bereit sein, für sich selbst über diese Fragen nachzudenken und religiöse Vorstellungen, die von den Ihren abweichen, anzunehmen. Geistliche und spirituelle Elemente sind Teil der Ausbildung.

Das grenzt (!) für mich schon wieder an Missionierung.
Indoktrination.

Ich nehme durchaus andere Vorstellungen an bei anderen Menschen. Wer glaubt, wer einer bestimmte Kirchen-, Glaubensform zugehört - den werte ich nicht, das akzeptiere ich durchaus.

ABER: Die Kirche selbst (nicht nur die katholische) geht sogar massiv gegen Homosexualität vor, verdrängt Mißbrauch in den eigenen Reihen, Stichwort: Abtreibung...usw.....und dann soll ich für diesen Verein arbeiten und mich hier auch noch mit religösen Inhalten unter dem Deckmantel "das gehört dazu" auseinandersetzen?

Das ist doch schon wieder "typisch".

Wolfgang

Isabell geht sogar massiv gegen Homosexualität vor

Es gibt offen schwule Mitarbeiter ...

Zimt

Isabell Das grenzt (!) für mich schon wieder an Missionierung.
Indoktrination.

Überhaupt nicht. Da steht man soll die Bereitschaft mitbringen über religiöse Vorstellungen nachzudenken... Weder, dass man bestimmte Werte vertreten muss, noch dass man dies einem Anrufer "predigen" sollte...

bion

Isabell Ich selbst hab' auch meine Probleme mit den Institutionen der Kirchen und deren Dogmen, keine Frage. Du hast recht, dass das verwendete Wort "annehmen" aus dem von mir zitierten Ausbildungsplan recht indifferent ist und auch in die Richtung "Missionierung" ausgelegt werden kann, jedoch denke ich, dass sich aus dem Gesamtkontext ergibt, dass damit eine grundsätzliche Offenheit gegen (alle) religiösen und spirituellen Richtungen - und nicht nur die christlichen - gemeint ist. Letztlich wird das auch von Wolfgang bestätigt, der erlebt, wie dies gelebt wird. Bei allen Schwächen der Kirchen, und du hast ja einige erwähnt, Isabell, sollte man aber auch nicht vergessen, dass von diesen auch viel positives unternommen wird. Dies insbesondere in Bereichen der Hilfe für Menschen in schwierigen Situationen.

Xysticus_cristatus

👍

Isabell

Zimt Da steht man soll die Bereitschaft mitbringen über religiöse Vorstellungen nachzudenken...

Aber alleine das ist für mich schon ein (wenn auch kleiner) Schritt zu weit.
Stände da, die Vorstellungen/den Glauben "akzeptieren" können. Kein Thema.

Warum steht denn da nicht, dass man generell über Vorstellungen oder Umstände nachdenken soll die anders sind als die eigenen? Wie Homosexualität etc.?
Warum soll ich mich explizit mit religiösen Vorstellungen erneut auseinander setzen?

Zimt

Indoktrination ist nun wirklich etwas anderes, mit Verlaub.

Isabell

Zimt Indoktrination ist nun wirklich etwas anderes, mit Verlaub.

Jaaa..zugegeben, war etwas über das Ziel hinausgeschossen.

Wolfgang

bion
Ich will hier nicht alles alleine schreiben, aber bion hat es sehr treffend formuliert!!

Zum Thema der religiösenVielfalt möchte ich noch erwähnen, dass es (in Berlin) auch eine muslimische Telefonseelsorge und eine russische Telefonseelsorge gibt. Wir sitzen an verschiedenen Telefonen, aber alle buchstäblich unter einem Dach, dem Haus, das die Diakonie gemietet hat. Die Ausbildung geht zum Teil gemeinsam und die Feste feiern wir auch gemeinsam.

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