Rettet die Medizin!

Timbatuku

Unter diesem Motto appellieren 215 Ärzte und 30 Organisationen an den Staat. Der Kostendruck schadet der Gesundheitsversorgung massiv, das Patientenwohl wird der Ökonomie untergeordnet.

Nicht der erste Protest dieser Art. Hoffentlich führt mal endlich einer zum Erfolg.

https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/kostendruck-aerzte-fordern-im-stern-reform-von-krankenhaeusern-a-1285354.html

Zimt

Ja, schwieriges Thema.

Zentren beispielsweise sind heutzutage nicht mehr "reines" Marketing, es ist der aktuelle Weg, der Mindestmengen-Debatte, die das eigene Spektrum einschränkt, selbst wenn man gut ist, zu umgehen.
Die Zentrenbildung ist zudem politisch gewollt, aus Berlin und von den Krankenkassen.

Entweder Du gehst mit, oder Du bist ein Wald- und Wiesenkrankenhaus in einem zu großen Gebäude. Und wer Basismedizin ohne vernünftige Entlohnung machen will, geht in eine Landarztpraxis in die tiefste Provinz.

Man benötigt heutzutage ausreichende Patientenzahlen, um zB den operativen Standard halten zu können oder auszubauen. Zu Mal Patienten nicht ausschließlich nach medizinischen Gesichtspunkten entscheiden, sondern zum Teil nach Sympathie und aus emotionalen oder sonstigen Gründen.
Dann lohnt es sich noch im guten Kontakt mit den Zuweisern zu stehen. (Was auch wiederum die Patientenversorgung verbessert - idealistisch angegangen) Die Zeiten sind lange vorbei, in denen man hoffen durfte, dass per Mundpropaganda alle angelaufen kamen. Patienten sind inzwischen bereit weiter zu fahren, wenn sie sich davon etwas positives versprechen.

Das alles übt einen gewissen Druck aus.

Dragon

Zimt Patienten sind inzwischen bereit weiter zu fahren, wenn sie sich davon etwas positives versprechen

Das kann ich selbst bestätigen. In unserem Fall betrifft es die kieferorthopadische Behandlung meiner Tochter. Von dem Arzt in unserer Stadt habe ich nur schlechtes gehört. Ebenso von den beiden in der Nachbarstadt (bei einem war ich selbst Patient und fand es schrecklich, es war massenabfertigung) dann gabe es noch einen im Umkreis wo wohl auch gut sei aber eben keine vernünftige Frühbehandlung durchführt. Wir fahren nun 45 Minuten einen Weg. Die Ärztin nimmt sich dafür aber Zeit, die Eltern dürfen immer mit, wenn die Kinder das möchten und man spricht jedes Mal miteinander was man bis zum nächsten Termin machen muss (z. B. Wie oft die Die Schrauben drehen etc.)
Dazu kommt dass die Frühbehandlung spatestens nach 1 1/2 Jahren abgeschlossen ist. Es wird nicht mit zwang alles richtig geschoben sondern nur fur die Zukunft etwas mehr Platz geschaffen.
Ich bin sehr zufrieden mit unserer Entscheidung den weiteren Weg zu fahren. Das würde ich z. B. Bei einer Entbindung auch machen, wenn es notwendig wäre. Die Klinik im unserer Stadt ist zwar gut und dort kam auch meine Tochter zur Welt weil alles zeitgemäß war und keine Bedenken gab. Wenn wir aber eine Kinderklinik bräuchten würde ich nicht in das nähere fahren weil wir dort schon negative Erfahrungen gemacht haben. Im anderen hingegen sehr gute.

mare-cara

Hinweis eines Arztes als Autor:
https://www.westendverlag.de/buch/erkranken-schadet-ihrer-gesundheit/

und
Bernd Hontschik über das Gesundheitssystem: „Die Diagnosen folgen dem Geld“

Aus Sicht der Mainstream-ökonomie schadet Gesundsein der Menschen dem ökonomischen Wachstum.

mare-cara

https://www.nachdenkseiten.de/?p=54211&fbclid=IwAR315m8K-a2lK7IS0OgShJlrGdtqSDLaXgIu6na5chXyiGrL4Cd8q101w6k

Zimt

mare-cara Aus meiner Sicht manipulativ und populistisch geschrieben. So einige Schlussfolgerungen sind nicht nachvollziehbar und manches auch schlichtweg falsch.

bion

Das Buch kenne ich nicht, hab' mir aber gerade das von dir verlinkte Interview mit dem Autor durchgelesen. Sofern er sein Buch in einem dem Interview ähnlichen Sprachstil verfasst haben sollte, so wäre es nichts für mich. Platt manipulative rhetorische Spielchen mag ich bei einem Sachbuch nicht besonders.

Zimt

bion Es ist ziemlich genau so geschrieben - ich hatte es auch nur in kleinen Häppchen gelesen... Es ist zutiefst manipulativ, populistisch und demagogisch.

Zimt

Allein schon sein Zitat: "aber sie sind sehr zerstritten und verfolgen eher die eigenen Partikularinteressen als das Beste für das große Ganze – Allgemeinärzte gegen Fachärzte, niedergelassene Ärzte gegen Krankenhausärzte, Chefärzte gegen Assistenzärzte, Unfallchirurgen gegen Orthopäden, beide zusammen gegen Physiotherapeuten, Gynäkologen gegen Hebammen usw."

Genau, alle hassen sich. In jedem Haus, überall 😏

Zitat:
Es ist höchste Zeit, den neoliberalen Kurswechsel zu stoppen.
(...)

😂😂😂
Ich bin mir nicht sicher wie er "neoliberal" definiert, scheinbar anders als ich...

Da er in seinem Buch, das ich zufälligerweise kenne, auch die falschen Beispiele bezüglich statistischem und absolutem Risiko anbringt, fällt es mir ausgesprochen schwer, etwas positives dazu zu schreiben...

bion

Zimt Es ist ziemlich genau so geschrieben - ich hatte es auch nur in kleinen Häppchen gelesen... Es ist zutiefst manipulativ, populistisch und demagogisch.

Ich hab's schon fast vermutet. Wenn jemand sein eigenes Buch, ein Sachbuch(!), in einem derartigen Stil anpreist - und sei es auch auf diesen insofern ja durchaus den manipulativen Sprachstil liebenden Nachdenkseiten - so spricht viel dafür, dass seine "Analysen" und "Schlussfolgerungen" in einem ähnlichen Stil verfasst wurden. Der Umstand, dass der Autor aufgrund seiner Ausbildung durchaus anders könnte, aber es bevorzugt durch ein bisschen Manipulation hier, ein wenig Framing dort, dem Leser sein eigenes Narrativ aufzudrücken ist etwas ärgerlich. Insbesondere ist der Gedanke ärgerlich, dass er den Leser wohl nicht für fähig hält, seine insoweit nun wirklich platten Spielchen zu durchschauen.

Zimt

bion
Ja... ich weiß, man sollte sich nicht aufregen... aber solche Bücher und auch entsprechende andere Artikel zeigen immer irgendwie Auswirkungen, besonders auf der Privatstation 😅

Man kann, abgesehen davon, Ärzten immer die Schuld geben. Ist einfacher & schafft schnell klare Meinungen.
MRSA, Kostenexplosion, Reformstau, Privatversicherungen, Zusatzbeiträge der GKV, Wartezeiten, Medikamentenkosten, etc.
Alles immer Schuld der Ärzte, easy as that.
Jetzt könnte man blasphemisch sagen, was juckt es die deutsche Eiche, wenn sich die Wildsau an ihr reibt? 😇
Aber spätestens wenn Du dich mit Angehörigen von Patienten über so einen Schrott unterhalten musst, weil sie der Meinung sind, dass die medizinische Therapie nicht so ist, wie sie sein sollte und dann Argumente wie die aus diesem Buch angeführt werden, kannst Du leider nicht mehr auf Durchzug schalten.

mare-cara

Ich habe ja nun selbst meine Erfahrungen mit Kliniken und mit Ärzten, da brauche ich nicht die Meinungen von Angehörige von Patienten, um mir eine eigene Sicht der Verhältnisse zu bilden. Warum sollte ich den Aussagen von Angehörigen anderer Patienten mehr trauen als meinen eigenen Erfahrungen.

Zimt

mare-cara da brauche ich nicht die Meinungen von Angehörige von Patienten, um mir eine eigene Sicht der Verhältnisse zu bilden.

Ich auch nicht, aber ich muss sie mir oft trotzdem anhören.

mare-cara und fähig, mir in ihrer Kommunikation auf Augenhöhe zu begegnen;

Rein Interessehalber: Inwiefern?

mare-cara

Was für mich auf jeden Fall Realität ist: das gesetzliche Krankenwesen ist in keiner Weise für mich als Versicherte und auch als Patientin transparent. Ich sage nicht "die bösen Ärzte" und doch sind für mich wenige der Ärzte und Ärztinnen vertrauenswürdig und fähig, mir in ihrer Kommunikation auf Augenhöhe zu begegnen; es gibt welche, doch meine Erfahrung ist, dass diese nicht leicht zu finden sind. Und ja, es gab von einigen Ärzten auch ganz einfach Falschaussagen, bzw. überhaupt nicht zueinander passende Befunden.

Zimt

mare-cara Und ja, es gab von einigen Ärzten auch ganz einfach Falschaussagen, bzw. überhaupt nicht zueinander passende Befunden.

Ärzte sind auch nur Menschen und deshalb nicht frei von Fehlern. Wer als Patient einen stets fehlerfrei arbeitenden Mediziner erwartet und darüberhinaus auch noch einen charakterlich perfekten Menschen, der wird sehr oft enttäuscht werden.

Einige Patienten sehen den Arzt abgesehen davon immer mehr als bloßen Dienstleister & wundern sich dann, wenn sie wie Kunden behandelt und abgefertigt werden (können, die wenigsten Kollegen wollen das) und keine Zeit bleibt für eine allumfassende Versorgung durch einen unglaublich netten und entspannten Arzt, der den Wunderheiler, Seelsorger und besten Freund in einer Person vereint.
Die Realität sieht eben nicht so aus wie in der Schwarzwaldklinik und am Ende ist man Kunde, der auch mal schlecht beraten und behandelt wird - das kommt vor! Genau so wie in allen anderen Dienstleistungssektoren auch.
"Don't hate the player, hate the game!"

Polarfuchs

mare-cara es gibt welche, doch meine Erfahrung ist, dass diese nicht leicht zu finden sind. Und ja, es gab von einigen Ärzten auch ganz einfach Falschaussagen, bzw. überhaupt nicht zueinander passende Befunden.

Das sehe ich ähnlich bzw. habe ähnliche Erfahrungen gemacht.

Isabell

Zimt Die Realität sieht eben nicht so aus wie in der Schwarzwaldklinik

Nein, das tut sie nicht.

Das ist aber den meisten Menschen die in den 80ern diese Sendung geschaut haben schon klar gewesen.
Auch den Ärzten die in einer Klinik gearbeitet haben, voller Motivation und Idealismus, denen wurde schon damals oder vielleicht schon immer auf ganz bitterem Wege der Zahn gezogen - da hat sich nicht groß was geändert in den letzten Jahrzehnten.
Was sich aber für uns Patienten geändert hat ist der Weg weg vom "(Halb)Gott in weiß". Sondern dahin, dass man sich selbst schlau macht. Dass man auch zweite oder dritte Meinungen einholen kann usw..

Deshalb sage ich: System ist und war schon immer übel was bestimmte Dinge angeht - aber wir Patienten haben heute weit mehr Möglichkeiten uns zu wehren, bzw. uns selbst zu helfen.

Betont sei hierbei aber: sicher nicht in allen Fällen. Grade was teure Therapien angeht, ich meine es so allgemein.

Zimt

Isabell Was sich aber für uns Patienten geändert hat ist der Weg weg vom "(Halb)Gott in weiß". Sondern dahin, dass man sich selbst schlau macht. Dass man auch zweite oder dritte Meinungen einholen kann usw..

Dagegen hat ja auch niemand etwas.

Süntje

Isabell
Auch den Ärzten die in einer Klinik gearbeitet haben, voller Motivation und Idealismus, denen wurde schon damals oder vielleicht schon immer auf ganz bitterem Wege der Zahn gezogen - da hat sich nicht groß was geändert in den letzten Jahrzehnten.

doch´, da hat sich ganz enorm viel geändert in den letzten Jahrzehnten. Vermutlich war es nie so wie in der Schwarzwaldklinik, aber heute ist ein ganz anderer Druck da als noch vor 20 Jahren.

Zimt

Genau dafür haben wir ja die freie Arztwahl und auch Portale, auf denen Ärzte von ihren Patienten bewertet werden können. Wenn jemandem also die Nase seines Arztes nicht gefällt oder er einem inkompetent erscheint, dann ab zum nächsten Kollegen.
ABER: Nur weil Einzelpersonen mal eine schlechte Erfahrung gemacht haben und womöglich noch von anderer Seite schlimme Geschichten gehört werden (wer kennt nicht irgendjemanden, der eine Horrorstory aus dem Krankenhaus berichten kann?!), so muss man noch lange nicht verallgemeinern (so wie das eben sehr oft passiert, nicht bezogen auf hier, eher allgemein gesprochen).
Das wird dann idR nur noch dadurch übertroffen, dass man sich in seiner maßlosen Hybris dazu berufen fühlt, auch noch andere darüber belehren zu wollen wie furchtbar inkompetent und arrogant eine komplette Berufsgruppe ist.

Zimt

Süntje Das stimmt, vollkommen korrekt.

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