Mit so viel Resonanz habe ich nicht gerechnet. (Ich bin auch erleichtert, dass ihr das richtig verstanden habt, wie ich meine Kritik an Psychotherapien meinte; es ist auch nicht so, dass ich die generell in allen Fällen für nutzlos halten würde.)
Isabell Ich stolpere hier über das "einigermaßen zufrieden wirkten". Das ist ein Außeneindruck. Und abgesehen von extremen Fällen ist es ja auch nicht so, dass ein Mensch der eine Therapie macht 24/7 unglücklich ist (sein muss).
Ja, natürlich kann dieser Außeneindruck täuschen. Es sollte nur sicher nicht so sein, dass es demjenigen mit Therapie schlechter geht, als ohne.
Isabell Es gibt ja so eine Faustregel: Du mußt erst mal ganz unten in Dir selbst ankommen um darauf dann neu aufzubauen.
Ich weiß nicht, ob diese Faustregel so sinnvoll ist. Es kann auch sein, dass zu dem Zeitpunkt bereits zu viel abgerissen ist und die Betroffenen gar nichts mehr nennenswert aufbauen.
Isabell In meinen ersten Therapiewochen (wegen Angststörung, anfangs zwei Mal die Woche), war ich einen Tag lang danach zu nichts zu gebrauchen, habe mir regelmäßig die Augen aus dem Kopf geheult.
Wenn ich das fragen darf: Hatte dein Umfeld den Eindruck in diesen zwei Wochen, dass es dir mit der Therapie besser geht? Und nach den ca. zwei Wochen ging es dir auch nach Außen hin sichtbar besser?
esta1 Das es einem während der Therapie auch mal schlechter geht ist normal, aber es sollte letztendlich doch besser werden.
Das hört sich einleuchtend an.
pebby Ja, der Patient muss an sich arbeiten, aber der Therapeut muss mitarbeiten, sonst kann ich mir den Käse auch sparen.
Ja, das sehe ich auch so. Wenn man als Patient eh alles alleine machen müsste, könnte man sich die Therapie auch sparen und die Zeit für die Eigenleistungen nutzen.
pebby Für mich ist das Thema Therapie erledigt.
Kann ich verstehen, gerade nach den zwei Therapeuten in deinem Fall.
Für mich persönlich stellt sich die Frage nach Psychotherapie Ja/Nein aktuell nicht, aber früher war ich mal nicht ganz uninteressiert daran. Allerdings erst viel später, nachdem ich dieses Angebot seitens meines damaligen Hausarztes abgelehnt hatte. Dass ich speziell dieses Angebot abgelehnt habe, bereue ich aber nicht. Im Gegenteil, nachdem ich mitbekommen habe, wie die gängigen Behandlungskonzepte für anorektische Menschen ambulant sowie in Kliniken aussahen, habe ich vielmehr nachträglich drei Kreuze gemacht, dass dieser Kelch an mir vorübergegangen ist. Mag sein, dass diese Konzepte/Methoden einigen geholfen haben, bei mir hätte das genau das Gegenteil bewirkt und wäre auch am Problem vorbeigegangen.
Später war ich mal in so einem Kurs für Studenten von der psychosozialen Beratungsstelle der Uni, der für Studenten gedacht war, die Probleme mit Prokrastination hatten. Wenn ich damals nicht immer so durchgängig müde und emotional weitgehend gleichgültig gewesen wäre, hätte ich mich verarscht gefühlt. War alles mehr so nach dem Motto: "Schön, dass wir drüber geredet haben."; es war auch völlig egal, was man in der Gruppe gesagt und für Probleme benannt hat, die Therapeutin war eher mäßig interessiert, diplomatisch ausgedrückt. Alle Kursteilnehmer, deren Probleme nicht in Schema X passten, wurden im Grunde ignoriert und allenfalls mit unpassenden Pauschaltipps bedacht; das hat mehrere Teilnehmer betroffen. (So als Theaterstück, das man auf sich wirken lässt, hatten die Kursstunden einen gewissen Unterhaltungswert. Es war alles etwas bizarr und ich habe ab und zu an meiner Wahrnehmung gezweifelt; ob man das nicht gerade träumt.) Etwa ein Jahr später nach meinem Studium wurde dann schulmedizinisch bei mir Hashimoto samt der Schilddrüsenunterfunktion festgestellt; durch puren Zufall. Sämtliche Beschwerden, auch psychische, sind mit der richtigen L-Thyroxindosis verschwunden. Dabei hatte ich mich eigentlich damit abgefunden und bei vielen Sachen auch irgendwann gedacht, dass das eben so normal ist; war mir in den Jahren vorher auch von Ärzten so rückgemeldet worden.
Alles in allem habe ich an Psychotherpie keinerlei Interesse mehr, auch wenn sich das theoretische Lehrbuchwissen und die verschiedenen Persönlichkeitsmodelle an sich ja nicht uninteressant lesen; aber das kann man sich auch alleine durchlesen und braucht dafür keine Therapielaberstunden, in denen unklar ist, ob überhaupt jemand anwesend ist, der psychisch gesund und lebenspraktisch geerdet ist, mal etwas böse ausgedrückt.
Kleio Ja, ich denke, dass es schon für den Einzelnen die richtige Therapieform gibt, mit der sie/er entsprechende Fortschritte mach. Die Therapie fängt für mich auch nicht direkt bei der Therapeutin oder beim Therapeuten an, denn die meisten therapieren sich schon mal selbst oder durch den Austausch mit anderen, durch das Lesen von Fachliteratur oder einfach Literatur. Therapie ist für mich nichts anderes, als seine Persönlichkeit zu entwickeln, dazuzulernen und lernen kann ich von jedem und aus allem.
Na gut, so weitgefasst, wie du den Begriff Therapie verstehst, würde ich auch nicht bestreiten, dass sie nützlich ist. Sei es, dass man sich selbst etwas durchliest und für sich überdenkt etc.; das finde ich sogar sehr hilfreich. Nur ich meinte jetzt wirklich die offiziellen Therapien.
Kleio ich habe die Erfahrung, dass Therapien den Leuten, die ich kenne bzw. nehme ich auch sehr gerne Coachingstunden in Anspruch, wenn ich mich in einer erschwerten Lebenssituationen befinde, also auch mir, sehr geholfen haben. Auch war da nie die Gefahr, dass sich die Therapeuten ins Privatleben der Leute als Fixpunkt angebracht hätten. Das geht in den Fällen, die ich kenne gar nicht, weil man sowieso selbst die ganze Arbeit machen muss und die Entwicklung durchgeht.
Brauchst du die Coachingstunden, um erschwerte Lebenssituationen, die ja immer mal wieder vorkommen können, zu bewältigen oder findest du es lediglich leichter mit den Coachingstunden? Und wenn du selbst die ganze Arbeit machen musst, worin besteht die Arbeit des Coaches?
Das hört sich so an, dass du nicht negativ abhängig von dem Coaching bist, also auch selbst alleine dein Leben bewältigen könntest:
Kleio Es wäre schön gewesen, dies in entsprechender Begleitung zu tun. So aber weiß ich, dass ich mich jederzeit am eigenen Schopf herausziehen kann, egal, was passiert.
Kleio Diese subjektiven Erfahrungen sagen aber nichts darüber aus, wie erfolgreich Therapien generell sind.
Ja, dessen bin ich mir bewusst. Es soll auch kein Therapiebashing-Thread werden, in dem nur negative Ansichten und Erfahrungen mit Therapien willkommen sind. Gerade deshalb hatte ich ja eingangs gefragt, weil mich die verschiedenen Ansichten interessieren - auch wenn ich nicht auf alles eingehe. 🙂
Dragon Klar gibt es bei mir auch Tage wo es schwerer fällt an mir und meinen Gefühlen zu arbeiten, aber mir tut es gut. Ich habe auch das Gefühl bei einer guten Therapeutin gelandet zu sein. Es passt gut. Bei der Antragstellung wollre sie mich auch nicht kränker machen als ich bin, ich hatte schon sorge dass der Antrag nicht bewilligt wird. Mir tut das Reden mit dieser Frau gut, ich kann auch einiges mit im Alltag anwenden.
Das hört sich wiederum gut an; auch dass dir die Therapie konkret im Alltag hilft.
esta1 Der ist mal während der Therapiestunde aufgestanden zum Telefonieren hat mir einen Schmierzettel in die Hand gedrückt und gesagt, ich soll mal meine Gefühle aufmalen.
Bei entsprechend zeichnerischem Talent sollte man einfach mal eine Hand mit ausgestrecktem Mittelfinger zeichnen ... oder entsprechende aufkommende Gewaltfantasien, aber hinterher bringt einem das nur zusätzliche Diagnosen und Probleme. 😏
esta1 In der nächsten Sitzung, habe ich meinen ganzen Mut zusammen genommen und habe das angesprochen. Das sagt der zu mir, das hätte er nicht gemacht, so etwas würde er nie machen. 😱
Was für'n Arsch ... .
Kleio Ich habe keine Sekunde lang gezögert eine seiner Lösungsvorschläge anzunehmen, warum also sollte ich das bei irgend einem anderen Arzt.
Na ja, bei manchen Beschwerdebildern kann man angesichts des ein oder anderen ärztlichen Ratschlages schon mal skeptisch werden und das als Unsinn für sich betrachten; zumal damit Zeit für eine adäquate Behandlung der Probleme verschwendet wird, oft wertvolle Zeit. Z. B. Entspannungsübungen als einzige Behandlungsmethode von handfesten körperlichen Erkrankungen wie Netzhautablösungen im Auge, Krebserkrankungen usw..
Isabell Wobei mir hier auch nicht selten aufgefallen ist und auch heute noch auffällt, das es nicht wenige Menschen gibt, die damit gar nicht umgehen können wenn man sagt "Es tut mir leid, mein Verhalten bezüglich XY finde ich selbst total blöd".
Es ist interessant zu beobachten wie sie individuell darauf reagieren.
Hmm je nachdem würde ich darauf selbst gereizt reagieren, wenn es um ein für mich schädliches Verhalten geht, das derjenige wiederholt mir gegenüber an den Tag legt und später jedesmal sagt: "Oh sorry, das finde ich selbst total blöd von mir.". ... aber sowas meinst du wohl nicht?!
Sterntaler Wenn man einen wirklich guten Therapeuten erwischt, der sich in seine Patienten einfühlt und kompetent, nie zum Nachteil es Kranken, handelt, dann ist so eine Sache sehr nützlich.
Aber oft läuft es anders, so destruktiv, dass die Kranken hinterher schlimmer dran sind als vorher.
Gelungene Zusammenfassung. 😬
Kleio Deswegen ist das, was ich öfter beobachte, die Erwartung, dass ich doch bitte gefälligst werte. 😬 Meine recht akzeptierende Einstellung ruft bei vielen eher Ärger hervor, vor allem bei Themen, die ihnen superwichtig sind und sie einfach Zusimmung wollen.
Das kommt mir bekannt vor, wobei diese Exemplare eigentlich auch keinen Zuspruch, sondern Widerstand wollen, damit sie sich berechtigt aufregen können. ... Hatte ich zuletzt, als ich versehentlich falsch geparkt hatte und sich ein Anwohner bei meiner Rückkehr berufen fühlte, mir das eindringlich kund zu tun. Als ich lediglich erwidert habe, dass er recht hat und ich nicht wieder dort parken werde, hat er nach Luft geschnappt und wußte nicht mehr weiter. Ich war ehrlich gesagt zu müde, mich in dem Moment emotional zu engagieren und er hatte in der Sache ja recht.