Ich muss mal etwas ausholen, ich bin Krankenschwester und zwar ein Dinosaurier in der Pflege, um die 33 Jahre insgesamt und das ist bei einer statistischen Verweildauer im Beruf von 7,5-9 Jahren (je nachdem welche Quellen man nutzt) schon ganz schön lange. Ich könnte mir auch nicht vorstellen nun noch etwas komplett neues zu beginnen, ich muss schließlich mich finanzieren und unterstütze noch meine studierende Tochter und meine älteste Tochter steht mit ihrer Behinderung ja auch noch nicht auf eigenen Beinen. Also einfach aufhören ist nicht realistisch und nicht finanzierbar.
Aber-
ich bin aus dem Krankenhaus weg, weil ich dem Druck, dem Stress dort nicht mehr gewachsen war. Im Prinzip würde ich sagen, ich bin eine gute Krankenschwester, ich mag die Arbeit, bin sehr aufmerksam, kann gut beobachten und Veränderungen schnell bemerken und einschätzen und bin aber an dem bekannten Punkt, "es ist nie Zeit für die Patienten" kaputt gegangen. Und da bin ich im Prinzip dann wieder keine gute krankenschwester, denn es hat sehr lange gedauert, bis ich begriffen habe, was dieser Druck mit mir macht, ich hatte alle möglichen im Blick, aber nicht mich selbst. Also habe ich mich im letzten Jahr umorientiert und bin in die ambulante Pflege gegangen und zwar zu einem Pflegedienst von dem ich wusste, dass er nicht ganz so auf der zack-zack-Zeitschiene fährt wie andere. Anfangs war ich sehr angetan, ich konnte pflegen. Richtig pflegen wie ich es mal gelernt habe, das war ein gutes Gefühl. Jetzt nach knapp 8 Monaten ist der Lack ab und ich könnte schon wieder verzweifeln. Ich kann mir einfach keine scheiß-egal-Haltung zulegen. Beispiel, heute früh komme ich zu einer Patientin deren Bein rot, dick und warm ist. Ich informiere den Hausarzt und die Arzthelferin informiert mich, dass sie nicht rauskommen können heute, der ärztliche Bereitschaftsdienst informiert mich, dass zu den üblichen Öffnungszeiten der Hausarzt zuständig ist, einen Krankentransport zu rufen lehnt die nicht demente aber sehr immobile Patientin energisch ab und mir bleibt nur nochmal beim Hausarzt anzurufen und es noch dringender zu machen. Im Krankenhaus hätte ich den Diensthabenden angefunkt oder den Stationsarzt und hätte mich da rückversichern können. Im Kopf nehme ich die Patientin mit nach Hause und kann nicht abschalten.
oder, viele Patienten haben ihre festen Zeiten, das funktioniert aber nur, wenn Kollegin X ihre Tour selber fährt, wenn ich sie vertreten muss als Springer, dann kann ich ihre Zeiten oft nicht einhalten. Mich stresst das im Vorfeld schon so, dass ich schlecht schlafe und an dem Tag dann mehr mit den Blicken auf der Uhr als am Patienten bin. Meine Kollegen meinen, das legt sich mit der Zeit, man bekäme ein dickes Fell. Ich persönlich glaube das nicht, dazu kenne ich mich zu gut. Aber irgendeinen Weg mich zu arrangieren muss ich finden, denn ich muss noch etwa 15 Jahre arbeiten.
Was sind eure Strategien, um die Arbeit auf der Arbeit zu lassen und nicht mit heim zu nehmen?