Wolfgang Ich teile nicht deine Ansicht, dass "Kirche" nur ein Verein sei.
Ich teile auch deinen übrigen Beitrag nicht, denn für Claudsia ist es ja offensichtlich ein Problem, das weit über die Probleme eines "Vereins" hinausgeht.
Ich trenne deutlich zwischen dem Glauben und der Institution Kirche.
Glauben kann ich auch ohne Kirche, und Kirche ist, abgesehen vom zugrundeliegenden Glauben, lediglich eine Organisation für die Ausgestaltung von Aktivitäten, die einer Verbreitung und Verfestigung der Grundgedanken des Glaubens dienen. Organisatorisch kommt die Institution Kirche einem Verein schon recht nah: Man kann eintreten, man kann austreten, man kann ausgeschlossen werden, man zahlt einen Mitgliedsbeitrag solang man drin ist, man kommt nur als Vereinsmitglied in den Genuss vereinseigener Leistungen, mit akzeptiert die Vereinsordnung mit ihren Rechten und Pflichten.
Unter Hinzuziehung des Vereinsziels "Verbreitung und Verfestigung der Grundgedanken des Glaubens" drängt sich natürlich eher der Vergleich mit einer Bürgerinitiative oder politischen Partei auf.
Claudsia Ich bin tief verwurzelt im katholischen Glauben, von Kindesbeinen an hat die Kirche mit mein Leben bestimmt, ich bin Kirchenmusikerin, leite Chöre, gestalte Gottesdienste musikalisch, bin in katholischen Vereinen und dort sehr aktiv, ...
Aber nach heute frage ich mich mal wieder, warum ich nicht schon längst ausgetreten bin. Die Geschichte ist lang...
Für mich gibt es keinen katholischen Glauben, allenfalls einen christlichen Glauben. Der Katholizismus und der Protestantismus sind nur zwei Formen, den christlichen Glauben im täglichen Leben zu organisieren. Diese kirchlichen Institutionen kann man hinterfragen ohne irgendwelche Abstriche bezüglich seines zugrundeliegenden Glaubens machen zu müssen.
Nun ist es aber offenbar so, dass die Institution katholische Kirche in Deinem Leben einen recht breiten Raum einnimmt. Unabhängig von Deinem Glauben, der ja von Deiner Zugehörigkeit zu dieser Kirche gar nicht berührt ist, bedeutet ein Austritt aus diesem "Verein", aus dieser "Partei", für Dich, vieles aufgeben zu müssen, was Dir lieb und wichtig geworden ist. Ein Verbleib in diesem "Verein", in dieser "Partei", bedeutet jedoch, Dinge mittragen zu müssen, die Dir gewaltig gegen den Strich gehen.
Wie bei so vielen Entscheidungen läuft es hier auf ein Gewichten der verschiedenen Aspekte und ein anschließendes Bilanzieren hinaus. Menschen, die sich fragen, ob sie in einer Partei noch richtig sind, stehen vor den gleichen Fragen. Da gibt es persönliche Bindungen, die Schaden nehmen können, Aktivitäten, an denen man nicht mehr teilnehmen kann, eine Gemeinschaft, die einem Geborgenheit gab und die nun verloren zu gehen droht. Andererseits gibt es die zunehmende Schwierigkeit, weiter hinter bestimmten Positionen der Partei zu stehen, Abneigungen gegen Teile des Personals, den "Verrat" der Ideale, deretwegen man sich einst dort heimisch fühlte.
Frage Dich, welchen Stellenwert die einzelnen Aspekte für Dich haben, was ist ersetzbar, was nicht, worüber kannst Du guten Gewissens hinwegsehen, worüber nicht. Aber bedenke bei all dem: Es geht nicht um Deinen Glauben, für den brauchst Du keine Institution.