Kindheit wird überbewertet. Sie dauert ca. 10 Jahre, der Rest ist viel länger. Kindheit, wenn sie scheiße war, muss man sie abhaken, einen Strich drunter ziehen, ENDE! Wenn sie gut war, kann man sich an ihr bis ans Lebensende erfreuen.
Schau, meine Kindheit im Schnelldurchgang:
Elterliches Haus (Gärtnerei) im Krieg ausgebrannt. Nach dem Krieg neu aufgebaut, primitiv, mit den Materialien, die man halt damals hatte. Nach dem Aufbau, durch einen Fehler in der Elektrik, ist das Haus wieder abgebrannt.
Dann bin ich geboren worden, meine Eltern hatten genau für gar nix Zeit und Geld, sie kämpften ums Überleben.
Also ich weg zur Oma, nach Graz (700 km Entfernung, fünf Jahre meine Eltern nie gesehen). Im Alter von 6 kam ich zurück "nach Hause", ich kannte nicht mal die Sprache, und die Leute haben sich über mich lustig gemacht.
Vom 9. bis zum 13. Lebensjahr in den Klauen eines Pädophilen festgehangen, Nachbar von uns. Hätte nie einer für möglich gehalten. Sagen konnte ich nix, weil ich selbst gegen Anordnungen meiner Eltern verstoßen hatte und praktisch aktiv mit dazu beigetragen habe, dass der 16 Jahre ältere Nachbar mich mehrmals pro Woche in seine „Dachwohnung“ „eingeladen“ hat.
In der Schule nicht mehr klar gekommen, wie auch, abends habe ich Gin getrunken, Pornoheftchen angeschaut und mir einen blasen lassen! Also Internat. England. „Dann kann auch gleich gut Englisch lernen“.
Dann Schweiz, Zug, oben auf dem Zuger Berg. „Dort bringen sie ihm Manieren bei“. War nicht nötig, denn wenn ich wollte konnte ich ausgesucht höflich und freundlich sein.
Dann französische Schweiz, Morgins, „dann lernt auch noch besser Französisch“.
Dann ein Jahr Gymnasium zu Hause. Am Schuljahresende fiel einiges vor, das meine schulische Kariere eigentlich beendete. Aber nein, man fand ein katholisches Ordensinternat, in dem man mich, evangelisch, die letzten Jahre bis zum Abi unterbrachte. Für Geld tun sie so gut wie alles, die katholischen Superheuchler. Aber ich darf nix sagen, sie haben mir mein Abi ermöglicht.
Alles gelernt, Sprachen, Umgangsformen, Königssöhne, Industriellensöhne aus der ganzen Welt, traf sich alles im Internat auf dem Zuger Berg, und dennoch keine Kindheit gehabt. Und ich lebe trotzdem, bin sehr glücklich, meine Gesundheit ist zwar im Arsch (kein Wunder bei dem Leben) und sehr zufrieden. Dafür braucht man keine glückliche Kindheit, mit einer unglücklichen geht’s auch.
Alles Gute für Dich, wünsche ich Dir!